Donnerstag, 26. April 2012

Post!



Als Teenager liebte ich es in den Briefkasten zu sehen.
 Ich war ein eifriger Briefschreiber und bekam zu gerne Post. 

Die Quantität der Post ist nicht weniger geworden, aber die Freude hält sich erheblich in Grenzen, wenn ich heute den Briefkasten leere.
Heute zum Beispiel erhielt ich eine MAHNUNG aus dem Krankenhaus wegen einer Rechnung aus dem März. Sauerei. Auf die Rechnung hatte ich schon gewartet; die kam aber nie. Und nun hauen die gleich eine Mahnung mit Mahngebühren raus?

Außerdem waren gleich DREI offizielle Schreiben von Behörden dabei. 

Zunächst mal Post vom Finanzamt: „Erinnerung an die Abgabe der Steuererklärung Umsatzsteuer 2010“
Geht es noch? Das habe ich schon Ende letztes Jahres abgegeben. Vermutlich schläft mein Steuerberater, den ich natürlich auch schon vor Monaten bezahlt habe.

Dann ein Brief von der Innenbehörde. Auch lustig. Da habe ich innerhalb von 30 Minuten zwei Park-Tickets von demselben Polizisten bekommen.
Der hat mich beim Einkaufen erwischt und muß dann offenbar hinter mir her gefahren sein, weil das nächste Ticket genau vor der Wohnung meiner Mutter ausgestellt wurde, der ich an dem Tag etwas vorbei gebracht hatte.
Darüber könnte ich mich jetzt ärgern, weil ich mich grundsätzlich nie so hinstelle, daß jemand irgendwie behindert oder eingeklemmt wird. Ich halte nie in Einfahrten oder in zweiter Reihe.
 Aber andererseits muß ich mich auch nicht wirklich ärgern, weil das nun mal zu erwarten ist in der Innenstadt. Ein gefühlter Anteil von 99% der Polizisten ist ausschließlich auf der Jagd nach Parkplatzsündern. Wenn man auch nur 5 cm mit einem Reifen über einer Begrenzungslinie steht, ist man dran. Wußte ich ja auch vorher.

Der dritte „offizielle“ Brief heute kommt aus dem Bundestag.
 Und das ist auch der Lichtblick des Tages. 
Das ist vielleicht ein heißes Schreiben! Ich habe Tränen gelacht und kichere immer noch.

 Rainer Brüderle hat mir geschrieben, um mir zu erklären, daß sein Ziel der Schuldenabbau sei. 


Durch „unsere solide Haushalts- und Wirtschaftspolitik“ würde die Schuldenbremse eingehalten. 

Hahahaha, das schreibt mir die FDP! LOL.

Dazu gab es dann noch eine bunte Hochglanzbroschüre mit dem Titel „Freiheit bewegt“, die eine Rückantwort-Karte beinhaltet, mit der ich mich als FDP-„DialogPartner“ anmelden kann.

Die FDP stehe für „Geldwertstabilität“ und „Schuldenstopp“.

Die Werbe-Aktion, die es selbstverständlich auch online gibt, endet mit dem feinsten Comedy-Satz:

„Wir werden unsere erfolgreiche Politik aus Spardisziplin und der Förderung von Wachstum konsequent fortsetzen“

Ich schmeiß mich weg.

Nur mal kurz zur Erinnerung: Von alle Europäischen Ländern hat Deutschland den höchsten Schuldenberg aufgetürmt - nämlich derzeit 2.088 Milliarden Euro.

Pressesplitter:

Schwarz-Gelb erfindet neue „Besänftigungsprämien“: 
Gespart wird nicht mehr. […] Die Liste der schwarz-gelben  Wohltaten wird immer länger.
Betreuungsgeld, Kosten 1,5 - 2 Milliarden Euro.
Neue Rentenleistung für Eltern, Kosten 6 bis 7 Milliarden Euro.
Abbau „kalte Progression“ durch Steuererleichterungen, Kosten 6 Milliarden Euro.
Zuschußrente für alleinerziehende Mütter (Plan von Ursula von der Leyen), Kosten 1 Milliarde Euro.
Rentenerhöhung, Kosten 2 Milliarden Euro.
Mehr Leistungen für Pflegebedürftige (Vorschlag Minister Bahr), Kosten 1 Milliarde Euro.
Erhöhung der Pendlerpauschale, 1 Milliarde Euro.
(Hamburger Morgenpost 25.04.12)

Dabei wird die Herdprämie sogar noch viel teurer als die K.O.alition behauptet.

Der Spitzname 'Merkozy' für das Duo Angela Merkel und Nicolas Sarkozy ist im vergangenen Jahr entstanden. Damals übernahmen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy auf den Gipfeltreffen zur Euro-Krise eine Führungsrolle - und setzten auf einen strengen Sparkurs. Genau diese Politik verliert immer mehr Anhänger. Inzwischen mussten sieben Regierungen in der Euro-Zone wegen der selbst auferlegten Sparpolitik vorzeitig aus dem Amt scheiden, zuletzt in den Niederlanden. Die Deutschen stehen mit ihrem Ansatz zur Bewältigung der Finanzkrise zunehmend alleine da.
(SZ 25.04.12)

Die ausufernde Diskussion um immer neue soziale Wohltaten wirft die bedrückende Frage auf: 
Hat die Politik in unserem Lande eigentlich nichts dazugelernt?
 Wann, wenn nicht jetzt, in guter wirtschaftlicher Zeit mit konjunkturell bedingten Steuermehreinnahmen von 41 Milliarden Euro, soll denn das Staatsdefizit überhaupt abgebaut werden? […]
Bund, Länder und Kommunen liegen mit einer Schuldenstandsquote von insgesamt rund 82 Prozent des Bruttoinlandsprodukts weit über der Maastricht-Grenze von 60 Prozent. Somit ist es ein Rätsel, mit welcher Autorität Deutschland von den europäischen Partnern schmerzliche Sparanstrengungen verlangen will.   Der Wirtschaftsrat der CDU wendet sich entschieden gegen den Wettbewerb der Parteien, immer neue Sozialprogramme zu beschließen: Dazu gehören das Betreuungsgeld mit Kosten von 1,5 bis zwei Milliarden Euro; Zuschussrenten für alleinerziehende Mütter schlagen mit einer Milliarde zu Buche; Lohnsteigerungen für den öffentlichen Dienst mit zwei Milliarden; Rentenerhöhungen mit zwei Milliarden; mehr Leistungen für Pflegebedürftige mit einer Milliarde; diskutiert wird dazu noch eine Erhöhung der Pendlerpauschale von heute bereits vier Milliarden Euro um eine weitere Milliarde.
[…] Bei der offen ausgewiesenen Staatsverschuldung von rund zwei Billionen Euro sind die größten Belastungen durch die Alterung unserer Gesellschaft noch gar nicht berücksichtigt: Durch das Umlageverfahren in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung erwerben heutige Versicherte Ansprüche, die in der Zukunft bedient werden müssen. Diese verdeckte Verschuldung des Staates für kommende soziale Leistungen einer dann älteren und kränkeren Bevölkerung beläuft sich auf weitere rund sechs Billionen Euro! Sicherlich ist es für die handelnden Politiker immer schön und erfreulich, Wohltaten zu verteilen. Unverantwortlich ist es jedoch, wenn das auf Pump zulasten nächster Generationen gemacht wird.

Die Koalition gibt dem Druck der Kliniken nach und schenkt ihnen 350 Millionen Euro.
Wer sich dem politischen Geschäft als Zyniker nähert, darf befriedigt in den Sessel sinken. Die schwarz-gelbe Koalition will den Kliniken 350 Millionen Euro spendieren; angeblich, um die Kosten des jüngsten Tarifabschlusses auszugleichen. Damit lockert sie die Sparauflagen, die sie ihnen eigentlich auferlegt hat. Wieder einmal hat eine Koalition vor wichtigen Wahlen eine Politik über den Haufen geworfen, die sie wenige Wochen zuvor noch als richtig erkannt hatte. Wieder einmal wog die Furcht vor einem schlechten Wahlergebnis größer. Wieder einmal hat eine Interessengruppe einen Erfolg verbucht, weil sie zur richtigen Zeit den richtigen Zug machte.
(Guido Bohsem 24.04.12)

FDP-Chef Philipp Rösler hält an seinen Forderungen für eine höhere Pendlerpauschale als Ausgleich für die stark gestiegenen Benzin- und Dieselpreise fest.
(Welt online 15.04.12)


Der Bundesfinanzminister und die Regierungskoalition haben die Haushaltskonsolidierung aufgegeben. Nachdem diese Regierung bereits bei zahlreichen Projekten nicht mehr regiert, sondern nur noch verwaltet, wird mit dem Nachtragshaushalt erneut dokumentiert, dass fuer den Abbau des Haushaltsdefizits keinerlei Anstrengungen mehr unternommen werden.
Das vergangene Jahr konnte aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung mit einer Neuverschuldung von 17,3 Milliarden Euro abgeschlossen werden. In diesem Jahr soll die Neuverschuldung mit 34,8 Milliarden Euro nun mehr als doppelt so hoch sein. Und dies trotz stetig steigender Steuereinnahmen auf Rekordniveau.
Selbst wenn die Verpflichtungen aus der Einzahlung in den ESM unberuecksichtigt werden, bleibt es bei fast neun Milliarden Euro mehr Schulden als im vergangenen Jahr. Diesen Trend beabsichtigt die Regierung Merkel/Roesler fortzusetzen, denn in den Eckwerten 2013 sind immer noch mehr als zwei Milliarden Euro neue Schulden als im vergangenen Jahr geplant.
Trotz der anhaltenden Entwicklung bei den Einnahmen kommt der Abbau der Neuverschuldung nicht schneller voran. Stattdessen werden die konjunkturell bedingten Mehreinnahmen fuer dauerhafte Ausgaben verwendet. Die derzeit diskutierten Plaene fuer weitere Ausgabeprojekte wie die Erhoehung der Pendlerpauschale oder die Rentenplaene von Herrn Kauder sind dabei noch gar nicht beruecksichtigt. Auch das sozial und oekonomisch unsinnige Betreuungsgeld ist ein Haushaltsrisiko, weil die veranschlagten Mittel nach neueren Berechnungen nicht ausreichen werden. Zudem verstoesst die Regierung dabei im Jahr 2013 gegen ihre Goldenen Regeln aus dem Koalitionsvertrag, wonach neue Ausgaben nur gegen Einsparungen im gleichen Umfang finanziert werden.
Frau Merkel und Herr Schaeuble nutzen die zusaetzlichen Steuereinnahmen als Kitt fuer die gescheiterte Koalition. Die Forderungen der Bundeskanzlerin an die europaeischen Partner nach einer soliden Haushaltskonsolidierung werden dadurch unglaubwuerdig.
Vor diesem Hintergrund macht sich Norbert Roettgen als Kabinettsmitglied laecherlich, wenn er in seiner Wahlkampagne die Haushaltskonsolidierung als vordringliches Ziel ausgibt.

(Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Carsten Schneider,26.04.12)

Damit wir uns nicht falsch verstehen: 
Natürlich sind die Herdprämie und die „Pendlerpauschale“ totaler Wahnsinn.
Grundsätzlich bin ich aber nicht gegen jede „soziale Wohltaten“, wenn sie tatsächlich sozial sind. 

Bezeichnenderweise versucht sich Schwarzgelb ja nur an Wohltaten, von der die ärmere Hälfte der Bevölkerung ohnehin nicht profitiert. 
Hartzler sollen keine Herdprämie bekommen und auch von der Pendlerpauschale profitiert nur, wer hohe Lohnsteuern zahlt. 

Daher ist die Ausgabenorgie von SchwarzGelb nicht nur finanzpolitisch gaga, sodnern auch noch sozial ungerecht.

Daß aber Brüderle ausgerechnet damit protzt die Koalition sei Sparweltmeister, bedeutet, daß er entweder endgültig den Bezug zur Realität verloren hat und phantasiert, oder aber er hält die FDP-Wähler für vollkommen geistig umnachtet.


Wird wohl beides stimmen…


3 Kommentare:

  1. Als Jugendlicher hatte ich immer um die 5 Brieffreunde/innen weltweit. Das waren noch Zeiten: da kam der Briefträger ZWEIMAL am Tag.

    Sie Glückspilz! So schöne Post (FDP!!!) krieg' ich nie!

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  2. ...Ja, ich bin offenbar ein Günstling von Fortuna, der Glückgöttin!

    Daß Rainer mir persönlich schreibt.....

    Also Trost für die weniger Privilegierten kann ich nur empfehlen sich als FDP-Dialog-Partner registrieren zu lassen!

    LGT

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