Sonntag, 1. Juli 2012

Impudenz des Monats Juni 2012.




Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.

Den Titel bekommt heute wieder eine Einzelperson und zwar ausnahmsweise nicht für eine besonders auffällige Doofheit, sondern dafür, daß sie sich schlicht zurückhält, komplett untertaucht und nicht mehr wahrzunehmen ist:

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.

Die Impudenz des Monats Juni 2012 ist eigentlich Bundesministerin der Justiz. 
Uneigentlich ist aber ihr Posten faktisch vakant.

Sie hat von ihrer ebenfalls langnamigen Ministerkollegin im Sozialministerium gelernt, daß man nur beliebt wird, wenn man bei jeder kritischen Frage untertaucht und der Presse fernbleibt.

Man erinnere sich an das SWIFT-Abkommen (Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verarbeitung von Zahlungsverkehrsdaten und deren Übermittlung für die Zwecke des Programms der USA zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus), welches die angeblich so liberale Justizministerin auf EU-Ebene durchwinkte.

Es mußte erst von den EU-Parlamentariern aufgrund der ungeheuerlichen Datenschutz-Vergehen gestoppt werden. Leutheusser-Schnarrenberger hatte nicht dagegen gestimmt.

In der 2010er Missbrauchsdebatte knickte die Justizministerin vor den katholischen Bischöfen ein und ließ die Kirchenvertreter den "Runden Tisch" zu Aufarbeitung besetzen. Die Opfer mußten draußen bleiben. Längere Verjährungsfristen gibt es bis heute nicht.
Aktuelles Beispiel ist die sogenannte „Euro-Krise“, die durch Deutschlands Verzögerungstaktik („Zu spät, zu wenig!“) ohnehin viel dramatischer geworden ist.

Nun endlich ist Merkel ein bißchen in Brüssel eingeknickt, endlich gab es die parlamentarische Zustimmung zum dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM. Europa ist aber weiterhin blockiert, weil in Deutschland keine Rechtssicherheit herrscht. 
Europa muß nun leider erst mal warten, bis Deutschland seine Klagen ausgefochten hat. 

Die Justizministerin hat unterdessen wie ein unbeteiligter Zaungast abseits des Geschehens Däumchen gedreht, statt auf die verfassungsrechtlichen Bedenken einzugehen.
Wortmeldungen von ihr sind nirgends registriert worden.
Was hinderte sie eigentlich daran im Vorfeld schon mit den Kritikern wie Gauweiler zu sprechen?

 In Karlsruhe sind nach den Entscheidungen in Bundestag und Bundesrat vom Freitag mehrere Eilanträge gegen ESM und Fiskalpakt eingegangen. Verfassungsbeschwerden gibt es von der Linken-Fraktion, dem CSU-Abgeordneten Peter Gauweiler, einer Gruppe von Professoren sowie der Bürgerinitiative "Europa braucht mehr Demokratie", die von 12.000 Unterzeichnern getragen und von der früheren Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) angeführt wird.   Innerhalb weniger Wochen werden die Richter diese Anträge behandeln, und auch wenn mit einem Veto der Richter in Berlin nicht gerechnet wird - sicher sein kann sich dessen niemand. Das Inkrafttreten des ESM zum 1. Juli wurde durch die Klagen bereits verhindert, sollte Karlsruhe die Klagen zur Hauptverhandlung zulassen, würde der dauerhafte Rettungsschirm zunächst gestoppt - auf unbestimmte Zeit.

Herr Cameron und Herr Schäuble werfen außerdem das Thema „Volksabstimmung“ in den Raum. 
Müssten nicht die Bürger ob der gigantischen Rettungssummen befragt werden?
 Kann man in Deutschland solche Befragungen überhaupt durchführen?
 Fragen über Fragen. Wer dazu beharrlich schweigt ist die Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger.

Selbst beim NICHT-Thema „Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften“, die ohne Probleme erfolgen könnte und sogar im Koalitionsvertrag auf Wunsch der FDP festgelegt ist, schafft es die FDP-Justizministerin eine erbärmliche Figur als Nichtstuerin abzugeben. 
Sie legte erst gar keinen Gesetzentwurf vor und ließ stattdessen die Legislaturperiode fast verstreichen.

 Als nun ein Entschließungsantrag von Bündnis 90 / Die Grünen vorlag, stimmte die FDP sogar DAGEGEN.
Und die Justizministerin schweigt - mal wieder!
Es ist einfach lächerlich, daß in dieser Angelegenheit immer noch eine rechtliche Gleichstellung aufgeschoben wird. Das Thema könnte längst zu den Akten gelegt worden sein.

Sie hat es wieder getan. Die schwarz-gelbe Koalition hat sich im Bundestag heute erneut deutlich gegen die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften ausgesprochen. Und dies, obwohl eine breite Mehrheit der Öffentlichkeit längst für die Ehe von Lesben und Schwulen ist.
Und ja, sie hat auch gegen eine deutliche Mehrheit um Bundestag gestimmt! Denn neben SPD, den Grünen und der Linken ist auch die FDP für die gleichgeschlechtliche Ehe. Sie hat dies auf Parteitagen beschlossen. Es steht in ihrem Grundsatzprogramm. Sie hat es in der heutigen Debatte sogar ausdrücklich bekräftigt!
Aber: Die Angst, bei den eigenen Koalitionspartnern CDU und CSU in Ungnade zu fallen, war wieder einmal stärker als die eigene Überzeugung. Bei der FDP gilt wie so oft: Im Zweifel für die Macht und gegen die Menschen in diesem Land.
Diese schwarz-gelbe Regierung hat damit heute ihre diskriminierende und menschenverachtende Haltung gegen Lesben und Schwule zementiert.
In Westeuropa steht sie damit inzwischen so gut wie alleine da: In Holland, Belgien, Schweden, Spanien und Portugal können Schwule und Lesben bereits heiraten. Auch in England und Frankreich wird die Ehe für Homosexuelle kommen. Ich schließe mich meiner Parteikollegin Elke Ferner an, die heute ebenfalls Schwarz-Gelb aufgefordert hat, „sich von ihrem überholten Gesellschaftsbild zu verabschieden und sich ihrer gesellschaftspolitischen Verantwortung zu stellen.“ Die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare wird kommen. Diese Regierung wäre gut beraten, sich nicht wie bisher von Gerichtsurteilen treiben zu lassen, sondern gesellschaftliche Realitäten endlich anzuerkennen und zum Wohle vieler Frauen und Männer in diesem Lande zu handeln.

Von der schwarzgelben Justizministerin gibt es keine Stellungnahme.

Es geht um das ziemlich sensationelle sogenannte „Beschneidungsurteil“ des Landgereichtes Köln.

Man darf einem Kleinkind nicht willkürlich ohne medizinische Notwendigkeit Schmerzen zufügen.

Die religiösen Bräuche haben sich also - wieder einmal - den allgemeinen Menschenrechten anzupassen. 
Sie verstießen in der Vergangenheit immer wieder mit ihren Ritualen gegen Kinderrechte und mußten erst auf einen moralischen Weg gezwungen werden.

Schauen wir uns an, welche ehemals als normal akzeptierte Praktiken inzwischen entweder als schwere Verbrechen unter Strafe stehen oder zumindest nicht mehr selbstverständlich hingenommen werden:

    Kinder dürfen nicht mehr getötet werden, insbesondere nicht mehr als Strafe für Ungehorsam (in klarem Gegensatz zum Deuteronomium, 21:18-21). Das Töten von Kindern, insbesondere von illegitimen Kindern („Bastarden“) und Töchtern, galt in der Antike als normal und war noch im Mittelalter weit verbreitet.
    Kinder dürfen nicht mehr den Göttern ihrer Eltern geopfert werden.
    Kinder dürfen nicht mehr das Opfer von Exorzisten werden.
    Kinder dürfen nicht mehr einfach ausgesetzt werden.
    Kinder dürfen nicht mehr als billige Sklaven missbraucht und verkauft werden.
    Kinder dürfen nicht mehr sexuell missbraucht werden.
    Kinder dürfen nicht mehr verstümmelt werden, damit sie beim Betteln größeren Erfolg haben.
    Kinder dürfen nicht mehr terrorisiert werden mit Schauermärchen über Höllenqualen, die sie bei Ungehorsam zu erwarten haben.

Und jetzt gilt endlich auch für Jungen:

    Kinder dürfen nicht mehr aus religiösen Gründen verstümmelt werden.

Muslime, Juden, Christen und konservative Feuilletonisten laufen nun Sturm gegen die Kölner Richter und wollen weiterhin das Recht haben kleine Kinder irreversibel zu verstümmeln.

Hätten wir eine Justizministerin, würde sie sich schützend vor die Richter des Landgerichts stellen.

Aber die Impudenz des Monats Juni schweigt natürlich auch in diesem Fall eisern.


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