Montag, 2. Juli 2012

Die lieben Kleinen.



Einige Nasen in der Bundespolitik sind schon erstaunlich lange dabei. 
Angela Merkel wurde vor 22 Jahren erstmals als Ministerin Mitglied der Bundesregierung. 
Jürgen Trittin wurde vor 28 Jahren in den Niedersächsischen Landtag gewählt und dort vor 22 Jahren Minister.
Wolfgang Schäuble, den Merkel eben als Neuerung auf die Position des Euro-Gruppensprechers hieven wollte, amtierte schon 1984 (sechs Jahre vor der deutschen Vereinigung!) als Bundesminister und wurde 1972, also vor 40 Jahren, in den Bundestag gewählt. 
Er hockt dort also schon zehn Legislaturperioden.
Auch Rainer Brüderle, der mächtige FDP-Fraktionsvorsitzende ist ein Politdinosaurier. Schon vor einem Vierteljahrhundert, 1987, wurde er Wirtschaftsminister in Mainz.

Da ist es wenig verwunderlich, daß es in den nachfolgenden Generationen pressiert.

Die Omen und Open der Parteien scheinen noch ewig weitermachen zu wollen.
Wenn die Altvorderen nicht abtreten, kann das zwei Gründe haben: 
Entweder sie wollen nicht, oder sie können nicht, weil Nachfolger nicht in Sicht sind.
Man denke nur an das traurige Trio der SPD, welches die Hinterlassenschaft von Müntefering und Gerd Schröder bildet.
Mit 52 Jahren ist Sigmar Gabriel das Küken, Frank-Walter Steinmeier folgt mit 56 Jahren und Oldie Peer Steinbrück, 65, wirkt fast schon zu alt, um 2013 einen Aufbruch zu verkörpern.
Alle drei haben aber schon lange Politkarrieren hinter sich und bekanntlich auch jeder schon große Wahlen mit Pauken und Trompeten verloren.

Aber an wen könnte man den Staffelstab weitergeben? 

In der CDU hat die ewige Vorsitzende bereits tabula rasa gemacht. Beim besten Willen ist niemand in Sicht, der Kanzler könnte. 
Zuletzt schleuderte sich Norbert Röttgen selbst ins politische Aus.

Auch bei den Grünen traut sich niemand gegen Claudia Roth oder Özdemir oder Künast oder Trittin zu kandidieren. Allerdings sind die vier Top-Grünen verglichen mit den Spitzen der anderen Parteien auch recht ansehnlich.

 In der SPD scheint die weit und breit unfähigste Politikerin unter 500.000 Parteimitgliedern, Generalsekretärin und Kardinal-Religiotin Nahles, sich Hoffnungen auf Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur in der Zukunft zu machen.
Da wünsche ich mir sofort ein möglichst langes Leben der Steine.

 Bei den Linken hätte der neue Talkshowliebling Sahra Wagenknecht vermutlich locker die früheren Geronto-Vorsitzenden ablösen können - wenn sie denn gewollt hätte!
Aber jedes Wochenende auf irgendwelchen regionalen Linken-Provinzparteiversammlungen zu verbringen, erschien Wagenknecht offenbar nicht eben erstrebenswert. Und wer würde es ihr verdenken?

Tatsächlich die Jugend rangelassen haben bisher nur zwei Parteien - die FDP und die Piraten.

 Bei ersteren haben die Küken Rösler, Bahr und Lindner die Partei bereits marginalisiert und in den Abgrund gewirtschaftet. 
Bei den Piraten deutet sich ein ähnlicher Prozess schon an - reihenweise tritt das Führungspersonal wegen erwiesener Unfähigkeit zurück, oder beklagt nach wenigen Monaten, der Job sei ihnen aber VIEL ZU ANSTRENGEND auf die Dauer.

Wie soll aber Parteipolitik mit einer Burn-Out-unter-40 -Generation funktionieren?

Das politische Alltagsgeschäft ist inzwischen so wenig attraktiv, daß sich eine neue Klasse der reinen Landespolitiker gebildet hat. 

Kraft, Kretschmann, Albig, Sellering, Tillich, Haseloff, Böhrnsen, Kramp-Karrenbauer, Platzeck, Lieberknecht oder Bouffier werden sicher nicht in die Bundespolitik gehen. 

Als einzige kommen McAllister und Scholz in Frage. Der Niedersachse müßte dazu aber erst mal seine Landtagswahl gewinnen - was höchst unwahrscheinlich ist. Und der Hamburger erklärt fast so glaubhaft wie Frau Kraft, daß er nicht will.

Die Bundesparteispitzen müssen also erst einmal so besetzt bleiben wie sie sind.
Ihr Nachwuchs taugt nichts, wie ein Blick auf die Jugendorganisationen von FDP und CDU in Thüringen zeigt.
Die FDP-Kinder empfehlen Rösler und Co die Koalition aufzukündigen.
 Dies wird prompt von der JU als "geistige Umnachtung"  und  "liberales Selbstmordkommando" diagnostiziert. 

Gurkentruppler und Wildsäue waren offenbar stilbildend für den Parteinachwuchs.

Stein des Anstoßes für die JU ist eine Pressemitteilung der Jungen Liberalen vom Montag. Darin fordern die Julis nach der Verabschiedung des ständigen Euro-Rettungsschirms ESM und des Fiskalpakts in Bundestag und Bundesrat das Ende der schwarz-gelben Koalition. Die FDP diene nur als Steigbügelhalter und verrate sich selbst und ihre Wähler, erklärte Juli-Landeschef Bernhard Kuske in Erfurt. "Wir fordern die FDP deshalb auf, die Koalition im Bund umgehend zu beenden."
Die FDP sei in den vergangenen Wochen gezwungen gewesen, liberale Kernpositionen aufzugeben, um die Koalition zu erhalten, so Kuske - das habe zum Verlust von Wählern beigetragen. Folglich müsse die FDP in die Opposition, um dort wieder als liberales Gegengewicht zu fungieren.
Es dauerte nicht lange, bis die Thüringer JU mit einer geharnischten Pressemitteilung reagierte. "Offensichtlich leiden die Julis Thüringen derart an geistiger Umnachtung, dass sie jetzt sogar ein liberales Selbstmordkommando einfordern", erklärte Landeschef Stefan Gruhner. Denn: "Das Ende von Schwarz-Gelb bedeutet das Ende der FDP."
Die christlich-liberale Koalition habe einen Wählerauftrag bis zum Herbst 2013. "Union und FDP tun gut daran, wenn sie verlässlich und sachorientiert diesem Auftrag der Wähler nachkommen", ließ JU-Chef Gruhner wissen. Alles andere seien "taktische Spielchen, von denen die Bürger die Nase voll haben".
(Spon 02.07.12)