Donnerstag, 27. September 2012

Und sie schämeten sich nicht.





Es hat schon was, wenn die beiden Nationen, die am massivsten gegen UN-Resolutionen verstoßen haben, nämlich die USA und Israel, sich vor die UN-Vollversammlung stellen und in großer Emphase vom Iran verlangen sich an die UN-Resolutionen zu halten. 
Es hat schon was, wenn der Präsident des größten UN-Schuldner-Landes vor der UN die Rechtsstaatlichkeit beschwört. 
Es hat schon was, daß die USA im November 2011 ihre UNESCO-Beiträge (rund 60 Millionen Dollar) ganz stoppten, weil sie die UNESCO-Mitgliedschaft Palästinas nicht akzeptieren konnten. 
Es hat schon was, wenn ein winziger Staat wie Israel, der Dutzende UN-Resolutionen nie eingehalten hat, auf dem vornehmsten internationalen Parkett das große Wort führt.


Netanjahu forderte in seiner Rede vor der Uno-Vollversammlung eine "klare rote Linie", die Iran nicht überschreiten dürfe.
"Rote Linien führen nicht zum Krieg. Rote Linien halten vom Krieg ab", sagte Netanjahu vor den Mitgliedern in New York. Dies sei der einzige Weg, um Iran davon abzubringen, an eigene Atombomben zu kommen. Alle Verhandlungen und Sanktionen hätten aus Sicht des israelischen bislang nichts gebracht. Jetzt gehe es um das "Überleben meines Landes", sagte er.
Im "kommenden Sommer" werde das Land genügend Uran für eine Atombombe angereichert haben, prognostizierte Netanjahu. Nichts stelle eine größere Gefahr für den Weltfrieden dar als Iran, das in den Besitz atomarer Waffen gelange, so Netanjahu weiter. Das "gemeinsame Ziel" der USA und Israels müsse es sein, eine atomare Bewaffnung Irans zu verhindern. "Ich habe nicht nur das Recht, diese Wahrheit auszusprechen - es ist meine Pflicht, sie auszusprechen", sagte er vor den Mitgliedern der Uno-Vollversammlung in New York.
Um die Gefährlichkeit des Regimes in Teheran zu unterstreichen, griff der israelische Premier zu ungewöhnlichen Mitteln: Er hielt während seiner Rede ein Diagramm in Gestalt einer Bombe kurz vor der Zündung in die Höhe, auf der mehrere "Gefährlichkeitsstufen" des iranischen Atomprogramms verzeichnet waren. Als dramaturgischen Höhepunkt zeichnete Netanjahu mit einem dicken Filzstift eine rote Linie auf das Papier.



Es hat schon was, wenn zwei Länder, die beide bis an die Zähne mit A-, B- und C-Waffen gerüstet sind, ultimativ verlangen ein anderes Land dürfe unter keinen Umständen auch nur eine einzige A-Waffe erhalten.
Es hatte schon was, als der damals noch regierende Französische Präsident Chirac zur Vorstellung eines atomar bewaffneten Irans anmerkte „So what?“. So funktioniere nun mal Abschreckung. Einsetzen könne der Iran die Bombe ohnehin nicht, da eine halbe Stunde später der Iran von der Weltkarte gefegt wäre.
Es hat schon etwas, wenn ein winziges Land praktisch unresolutionierbar ist, weil der große Bruder in Washington immer wieder zur rechten Zeit ein Veto einlegt. 
Es hat schon was, wenn selbst die nicht eben Netanjahu-affine Obama-Regierung die von 130 Staaten eingebrachte UN-Resolution zur Verurteilung der Israelischen Siedlungspolitik stoppt.


On February 18, 2011, the United States vetoed a UN Security Council resolution condemning all Israeli settlements established since 1967 as illegal and calling for an immediate halt to all settlement building. The 14 other Security Council members voted in favor of the resolution.   In explaining her veto, US Ambassador Susan E. Rice said the vote should not be misunderstood as support for settlement activity.

Der Resolutionsentwurf, der auf Initiative der arabischen Staaten eingebracht worden war und von rund 130 Staaten unterstützt wurde, bezeichnete die jüdischen Siedlungen in den Palästinensergebieten als illegal und als großes Hindernis für einen Frieden in Nahost. Der Entwurf fordert Israel zudem auf, jeglichen Siedlungsbau sofort zu stoppen. Die Palästinenser erhoffen sich von einer Resolution einen stärkeren internationalen Druck auf Israels Regierung. Auch Deutschland, das seit Jahresbeginn als nicht-ständiges Mitglied dem Sicherheitsrat angehört, unterstützte das Vorhaben.


Es hat schon etwas, wenn der diplomatisch und finanziell am Tropf der USA hängenden Jerusalemer Premier Bibi Netanjahu dafür nichts als Undank empfindet und sich gegen alle Gepflogenheiten massiv in den US-Wahlkampf zu Lasten des Amtsinhabers einmischt.


Knapp zwei Monate vor der US-Präsidentschaftswahl hat sich der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu indirekt in den Wahlkampf eingeschaltet.
Er rief die Amerikaner am Sonntag in Interviews mit US-Fernsehsendern auf, einen Präsidenten zu wählen, der zum Ziehen einer "roten Linie" gegenüber dem Iran bereit sei. Die Zeit werde knapp, sich gegen das Atomprogramm Teherans zu stellen, sagte Netanjahu.
[…] Auch persönlich versteht sich Romney gut mit Netanjahu, den er als einen langjährigen Freund bezeichnet hat.


Es hat schon was, wenn Bibi Netanjahu erkennbar darunter leidet, daß die maximale Karrierestufe - Regierungschef seines Landes - viel zu niedrig für einen Mann ist, der sich für so großartig hält.


Dreist und gefährlich: Israels Premier Netanjahu fordert US-Präsident Obama zu kriegerischem Handeln gegen Iran auf. Damit schadet er seinem Land - und sich selbst.   Von Sarah Netanjahu, der treu sorgenden Ehefrau des israelischen Premierministers, ist die Einschätzung überliefert, dass ihr "Bibi" gewiss auch das Zeug hätte zum amerikanischen Präsidenten. [….]
In der Debatte um "rote Linien" für Iran zuckt er selbst nach den klarsten Absagen der US-Regierung nicht zurück, sondern legt im Gegenteil noch einmal nach. In gleich zwei Fernsehinterviews mit CNN und NBC drängt er Barack Obama zum kriegerischen Handeln und fordert ihn damit auf dessen heimatlichem Boden zum Duell. Das ist dreist, und es ist gefährlich - vor allem für Netanjahu und für Israel.
Netanjahus Hang zur Hybris wird beflügelt von unzweifelhaftem Talent und einer juvenilen Prägung. [….]
Gewinnen [….]  kann Netanjahu nichts mit seinen Angriffen auf Obama. Aber er kann sehr viel verlieren. Denn mit seinem diplomatischen Amoklauf ruiniert er nicht nur die Beziehung zum jetzigen und womöglich auch künftigen US-Präsidenten. Er droht überdies der amerikanisch-israelischen Freundschaft, die nichts weniger ist als Israels Überlebensgarantie, ernsten Schaden zuzufügen.
 (Peter Münch 18.0.12)